Schloss, Orangerie und Kirche in Harbke

Schloss Harbke, Gemeinde Harbke im Landkreis Börde (Sachsen-Anhalt)

Das Schloss Harbke war einer der Stammsitz des Adelsgeschlechts von Veltheim und ist heute nur noch als Ruine erhalten. Vor dem Schloss bestand an gleicher Stelle eine mittelalterliche Rundburg. Das Hauptgebäude des Schlosses stand ab 1955 leer und verfiel zunehmend. Der Schlosspark Harbke ist ganzjährig frei zugänglich.

Adresse: Goethestr., 39365 Harbke

Das Schloss Harbke

Im Jahr 1308 übernahm die Familie von Veltheim die Besitzungen in Harbke und errichteten am Ortsrand eine Wasserburg. Auf den Grundmauern dieser Burg wurde zwischen 1572 und 1586 ein Renaissanceschloss erbaut. Das Gebäude bestand aus zwei dreigeschossigen, rechtwinklig angeordneten Flügeln, die durch einen Treppenturm verbunden waren. Teile dieser Anlage sind heute noch als Ruinen erhalten. Nach einem Brand im Jahre 1731 wurde das Schloss durch den Baumeister Martin Peltier de Belfort im Barockstil umgebaut. Dabei wurde die Anlage vierflüglig geschlossen und im Innenhof ein ovales Bassin angelegt.

Die Herkunft der Familie von Veltheim liegt etwas im Nebel. Die in Sachsen begüterte und bereits im 13. Jh. ausgestorbene Familie der Grafen von Osterburg und Altenhausen gleichen Namens, war vermutlich stammverwandt mit den in Schwaben beheimateten Familie von Veltheim. Beide führten ein gleiches Wappen mit zwei schwarzen Balken in Gold. Eine weitere Familie von Veltheim ist ab Mitte des 12. Jh. in Veltheim an der Ohre, Landkreis Wolfenbüttel, nachweisbar. Vermutlich sind auch diese Familien miteinander verwandt.

Stammwappen von Veltheim an der Schlossruine in Harbke

Das Wappen der von Veltheim ist geviert, in Feld 1 und 4: In Gold ein mit zwei silbernen Fäden belegter schwarzer Balken, in Feld 2 und 3: In Silber ein aufrechter roter Ast mit beiderseits einem abhängendem roten Lindenblatt. Auf dem gekrönten Helm mit rechts schwarz-goldenen und links rot-silbernen Decken zwischen zwei goldenen, je mit einem mit zwei silbernen Fäden belegten, schwarzen Balken belegte Büffelhörner, ein rautenförmiges rotes Kissen mit golden Quasten. In der Literatur werden die Felder 1 und 4 mit den schwarzen Balken als Stammwappen der von Veltheims und die Felder 2 und 3 mit dem Lindenast als das Stammwappen der von Sampleben bezeichnet. Dies wurde als Hinweis auf eine genealogische Beziehung zu den von Sampleben gedeutet. Seit dem 16. Jh. führten die von Veltheim dieses vermehrte Wappen. Dabei wurde in der Helmzier zwischen dem Veltheimschen Stammkleinod mit den Büffelhörnern das Sambelebensche rote Kissen eingefügt.

Die Veltheims nahmen an den Höfen der Umliegenden Herrschaftsgebiete eine Vielzahl von Ämter und Ehrentitel ein. So waren sie die braunschweigischen Erbküchenmeister, stellten die Erbmarschälle des Herzogtums Magdeburg und waren die Erbschenken des Fürstentums Hildesheim. 1798 erfolgte die Erhebung in den preußischen Grafenstand.

Die Familie erlangte im Laufe der Zeit eine ansehnliche Ausbreitung und beträchtlichen Grundbesitz. u.a. in Harbke, Alvensleben (Veltheimsburg), Groß Bartensleben und Klein Santersleben. In der Mark Brandenburg war es in Schönfliess im Mühlenbecker Land begütert. Das Schönließer Schloss wurde im 2. Weltkrieg stark zerstört.

An der Südseite der Außenfassade von Schloss Harbke sind noch zwei weitere Wappensteine zu sehen. Dies sind die Wappen von Veltheim und von Saldern. Das Wappen der von Saldern zeigt in Gold eine rote Rose, auf dem rot-golden bewulsteten Helm mit rot-goldenen Decken ein schwarzer Adlerflug. Der Stammsitz dieses Geschlechtes liegt in Salder, einem Stadtteil von Salzgitter. Hierbei muss es sich um die Wappen von Achats von Veltheim (1538-1588), Herr auf Harbke und Ostrau, und Margarethe von Saldern (1545-1615) handeln.

An den Mauerresten des Innenhofes von Schloss Harbke sind noch weitere Wappensteine zu erkennen. Bei den Fotos oben links und unten handelt es sich um das Wappen der Herzöge von Braunschweig-Lüneburg, welche die Lehnsherren der von Veltheim waren. Die beiden Wappen links und rechts am Portal sind leider nicht zu erkennen.


Die Orangerie im Schlosspark Harbke

Ab 1740 wurde der Schlosspark in eine barocke Gartenanlage umgestaltet. Der Park erhielt u.a. Skulpturen und eine Nischenwand, die sogenannten „Chinesische Mauer“. Berühmt wurde der Park bereits früh durch seine exotischen Pflanzen und Bäume. Der im Jahr 1758 angepflanzte Ginkgobaum an der Kirche gilt als einer der ältesten in Deutschland. 1760 begann durch den Gärtner Daniel August Schwarzkopf die Umwandlung in einen englischen Landschaftsgarten. Der Botaniker Johann Philipp Du Roi arbeitete mehrere Jahre hier und veröffentlichte 1771 seine dendrologische Abhandlung „Harbkesche wilde Baumzucht“. Dies veranlasste u.a. 1789 Alexander von Humboldt und 1805 Johann Wolfgang von Goethe zu einem Besuch in Harbke.

1830/31 wurde die Orangerie im neugotischen Stil mit einem kreuzförmigen Grundriss erbaut. Das Gebäude war für die Aufzucht tropischer Pflanzen gedacht und hatte daher die Besonderheit, dass die drei großen Räume unterschiedlich beheizbar waren. Über den beiden Eingangsportalen sind die Familienwappen der beiden Erbauern Charlotte Antonie Friederike von Bülow (Gartenseite) und Röttger von Veltheim (Schlossseite) angebracht. Nach umfangreichen Sanierungen in jüngster Zeit, wird das Gebäude als Veranstaltungsort und in den Sommermonaten als Café genutzt. Röttger von Veltheim (1781-1848) war ein berühmter Pferdezüchter und Landwirt seiner Zeit. Er war der Sohn von Graf August Ferdinand von Veltheim (1741-1801) und Ottonia Henriette von Arnim (1760-1803). In zweiter Ehre war er seit 1808 mit Charlotte Antonie Friederike von Bülow (1781-1848) verheiratet. Sie war die Tochter von Johann Julius Franz von Bülow (1743-1796) und Elisabeth Auguste von Veltheim (1742-1823). Die Verbindung blieb kinderlos, muss aber sehr glücklich gewesen sein, denn er erschoss er sich noch am Tag ihres Todes 1848.

Das Wappen (links) über dem Portal der Terrasse mit Blick auf das Schloss zeigt das gekrönte Wappen der Grafen von Veltheim. Das gräfliche Wappen ist geviert mit einer eingeschobenen blauen Spitze, diese belegt mit zwei schräggekreuzten goldenen Bischofsstäben, und gekröntem blauen Herzschild, darin ein mit dem brandenburgischen Adler belegtes goldenes Stadttor, in 1 und 4 das Wappen von Veltheim wie oben beschrieben, in 2 und 3 das Wappen von Sambeleben wie oben beschrieben. Dazu gehören drei Helme: I. ein geharnischter Arm, einen goldenen Ring haltend, II. wie oben beim vermehrten Wappen, nur dass auf dem Kissen noch der königlich-preußische Adler liegt, III. ein schwarzer Flug. Der Herzschild zeigt das Wappen der Stadt Brandenburg, denn bei der Rückeroberung der Burg Brandenburg in der Mark 1157 durch den Markgrafen Albrecht der Bär soll dessen Schwager Werner von Veltheimer sein Leben verloren haben.

Das zweite Wappen über dem Portal an der Gartenseite zeigt eine Variante des Stammwappens der Familie von Bülow. Das Wappen der von Bülow zeigt in Blau 14 (4,4,3,2,1) goldene Kugeln. Dazu gehört ein Helm mit blau-golden Decken zwischen zwei mit je sieben goldenen Kugeln belegten blauen Büffelhörnern ein goldener Pirol mit goldenem Ring im Schnabel. Das Wappen an der Orangerie stellt eine Kuriosität dar. Es zeigt einen gekrönten Schild, darin über den 14 Kugeln ein Pirol mit einem Ring im Schnabel. Für diese Variante des bülowschen Stammwappens wurde die Figur des Pirols derart in den Schild integriert, dass er auf der obersten Kugelreihe sitzt.

Der Schlosspark ist heute ganzjährig zu besichtigen. Der Park wurde 2007 rekonstruiert und ist Teil der „Gartenträume“, einem Projekt des Landes Sachsen-Anhalt, in dem die schönsten und bedeutsamsten Gartendenkmale in einem touristisch-denkmalpflegerischen Netzwerk zusammengefasst wurden.


Die Kirche St. Levin in Harbke

Die direkt neben dem Schlossgelände stehende Kirche wurde 1572 erbaut. Bei ihrem Umbau 1719 erhielt sie eine geschweifte Turmhaube, welche fortan zu ihrem Markenzeichen wurde. Nach der Wende 1989/90 wurde das Gebäude außen und innen restauriert. So wurde u.a. der Dachstuhl und die Decke der Schlosskirche wieder instand gesetzt und im Inneren erstrahlt die Bemalung der Empore aus der Renaissancezeit in neuem Glanz.

Über dem Eingang zur Schlosskirche ist das Wappen der für den Umbau 1719 verantwortlichen Bauherrin Armgard Amalie von Veltheim, geborene von Bartensleben, angebracht. Es vereint in einem ovalen und gekrönten Schild auf der heraldisch rechten Seite das Wappen ihres Ehemannes Otto Ludwig von Veltheim (1672–1714) und auf der heraldisch linken Seite das ihrer Familie von Bartensleben (1668–1738). Das Wappen von Bartensleben zeigt in Rot einen über zwei goldene Getreidegarben springenden silbernen Wolf. Dazu gehört ein Helm mit rot-silbernen Decken und drei (oder auch neun) silbern-schwarz-silberne Straußenfedern als Helmzier. Die Buchstaben „A. A. V. B. W. V. V.“ unter dem Schild verweisen auf die Bauherrin der Kirche Armgard Amalie von Bartensleben, Witwe von Veltheim.

Quellen:

  • Evangelische Kirche „St. Levin“, auf der Homepage der Gemeinde Harbke, www.gemeinde-harbke.de, abgerufen 14. Februar 2024.
  • „Schloss und Schlosspark Harbke“, www.gartentraeume-sachsen-anhalt.de, abgerufen 14. Februar 2024.
  • „Schlossruine Harbke“, Alle Burgen – Die Burgendatenbank, www.alleburgen.de, abgerufen 14. Februar 2024.
  • Wikipedia-Artikel „Veltheim (Adelsgeschlechter)“, abgerufen 14. Februar 2024.
  • Wikipedia-Artikel „Bartensleben (Adelsgeschlecht)“, abgerufen 14. Februar 2024.
  • Wikipedia-Artikel „St. Levin (Harbke)“, abgerufen 14. Februar 2024.
  • Wikipedia-Artikel „Schloss Harbke“, abgerufen 14. Februar 2024.
  • Dr. Otto Titan von Hefner (Bearb.), Siebmacher’s großes und allgemeines Wappenbuch, Bd. 3 (Blühender Adel deutscher Landschaften unter preußischer Vorherrschaft), 1. Abt.: Der Adel des Königreichs Preußen: Grafen und Freiherren, Nürnberg 1857.
  • Adolf Matthias Hildebrandt (Bearb.), Siebmacher’s großes und allgemeines Wappenbuch, Bd. 2 (Blühender Adel deutscher Landschaften), 2. Abt.: Der Adel des Herzogthums Braunschweig, Nürnberg 1869.
  • George Adalbert von Mülverstedt (Bearb.), Siebmacher’s großes und allgemeines Wappenbuch, Bd. 3 (Blühender Adel deutscher Landschaften unter preußischer Vorherrschaft), 2. Abt., Bd. 1, T. 2: Der blühende Adel des Königreichs Preußen: Edelleute M – Z, Nürnberg 1878.
  • George Adalbert von Mülverstedt (Bearb.), Siebmacher’s großes und allgemeines Wappenbuch, Bd. 6 (Abgestorbene, erloschene Geschlechter), 6. Abt.: Ausgestorbener preußischer Adel, Provinz Sachsen (exl. die Altmark), Nürnberg 1884.
  • Leopold Freiherr von Zedlitz-Neukirch, „Neues preussisches Adels-Lexicon“, Supplement-Band 1, Leipzig 1836.