Zitadelle Spandau, Bezirk Spandau, Berlin
Über dem Eingangstor zur Zitadelle Spandau im Berliner Ortsteil Haselhorst erstrahlt nach umfassenden Restaurierungsarbeiten seit 2021 wieder das kurbrandenburgische Staatswappens in neuem Glanz. Die Festungsanlage ist die älteste in Berlin und eine der bedeutendsten und besterhaltendsten in Europa aus dem 16. Jh.
Adresse: Am Juliusturm 64, 13599 Berlin
Das kurbrandenburgischen Staatswappen über dem Tor zur Zitadelle Spandau
Die Zitadelle ist eine der Sehenswürdigkeiten Berlins und befindet sich nordöstlich der Spandauer Altstadt am gegenüberliegenden Havelufer. Bereits im 11. Jh. gab es an dieser Stelle eine slawische Burg, denn das Gebiet am Zusammenfluss von Havel und Spree war strategisch von Bedeutung. Später entstand eine mittelalterliche Burg, von der noch Bergfried und Palas erhalten sind. Die erste schriftliche Erwähnung Spandaus stammt aus dem Jahr 1197. In einer Schenkungsurkunde des Markgrafen Otto II. von Brandenburg und seines Bruder Albrecht II., Graf in Gardelegen, wird ein Vogt Eberhard von Spandau als Zeuge benannt. Sie schenken dem Domkapitel Brandenburg die Kirchen in Ketzin, Knobloch und Markau sowie das Dorf Plötzin.
Nach dem Abschluss der umfangreichen Restaurierungen seit 2019 ist das repräsentative kurbrandenburgische Staatswappen wieder über dem Eingangstor der Zitadelle zu sehen. Die denkmalgerechte Restaurierung des Wappens war aufgrund der in die Jahre gekommenen Bausubstanz dringend notwendig geworden. Sie wurde mit fachlicher und finanzieller Unterstützung durch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen und das Landesdenkmalamt Berlin durchgeführt und konnte 2022 abgeschlossen werden.
Die Fassade des Torhauses wird dominiert durch ein Bogenfeld mit dem kurbrandenburgischen Wappen des zum König in Preußen gewordenen Friedrich I. (1657-1713), zuvor als Friedrich III. Kurfürst in Brandenburg. Er ließ nach seiner Krönung 1701 den Kurhut im Wappen durch eine Königskrone ersetzen. Der Wappenschild wird durch ein Band mit Schnalle gerahmt, das von zwei schwarzen Adlern gehalten wird und die Aufschrift Honi soit qui mal y pense trägt, der Devise des Hosenbandordens.
Friedrich von Brandenburg, aus dem Haus Hohenzollern, wurde am 11. Juli 1657 in Königsberg geboren und verstarb am 25. Februar 1713 in Berlin. Er war der dritte Sohn von Kurfürst Friedrich Wilhelm (1620-1688) und Luise Henriette von Oranien (1627-1667). 1688 folgte er seinem Vater als Friedrich III. Kurfürst von Brandenburg und Herzog in Preußen. 1701 krönte er sich in Königsberg selbst als Friedrich I. zum ersten König in Preußen. Friedrich heiratete am 13. August 1679 in Potsdam Elisabeth Henriette von Hessen-Kassel (1661-1683) und bezog mit ihr Schloss Köpenick. Jedoch währte das Glück des jungen Paares nicht lange, Elisabeth Henriette erlag am 7. Juli 1683 in Berlin-Cölln den Pocken. Bereits 1684 heiratete Friedrich in Hannover Sophie Charlotte von Braunschweig-Lüneburg aus dem Hause Hannover. Für sie ließ Friedrich ab 1695 im damaligen Berliner Ortsteil Lietzenburg das Schloss Charlottenburg erbauen. Das Paar hatte drei Kinder, von denen nur der spätere König Friedrich Wilhelm I. das Kindesalter überlebte.
Die Anordnung der Felder im Schild entspricht der von Friedrich als Kurfürst von Brandenburg geführten Version seines Wappens von 1688. Für diese Anordnung gibt es einige Belege. Bereits sein Vater Friedrich Wilhelm verwendete diesen Wappenschild im Ergebnis des Westfälischen Friedens. So wurden Münzen von 1677, 1768, 1679 und 1686 mit diesem Wappen geprägt. Infolge der Bestimmungen des Westfälischen Friedens ergaben sich für das Territorium Brandenburg-Preußens folgende Veränderungen. Der Kurfürstum von Brandenburg bekam zwar Pommern zugesprochen, musste jedoch Vorpommern, auf welches er mit dem Erlöschen des pommerschen Herzogsgeschlechts 1637 einen Erbanspruch hatte, an Schweden abtreten. Als Ausgleich dazu erhielt er die Territorien des ehemaligen Erzstift Magdeburg und der Hochstifte Halberstadt, Minden und Kammin.
Die Felder des Wappen von optisch oben links nach unten rechts. In den Klammern werden die korrekten heraldischen Farben angegeben.
- Reihe 1:
- Herzogtum Berg (In Silber ein blau-bewehrter, -gezungter und -gekrönter roter Löwe.)
- Herzogtum Jülich (In Gold ein rot-gezungter und -bewehrter schwarzer Löwe. Hier golden-gekrönt.)
- Wappen Preußen (In Silber ein golden-gekrönter schwarzer Adler, eine goldene Krone um den Hals gelegt.)
- Mark Brandenburg (In Silber ein gold-bewehrter, rot-gezungter roter Adler.)
- Herzogtum Magdeburg (Rot-silbern geteilt.)
- Herzogtum Kleve (In Rot ein silbernes Schildchen, überdeckt von einem goldenen Glevenrad [Lilienhaspel].)
- Burggrafentum Nürnberg (Innerhalb eines silbern-rot gestückten Bordes in Gold ein rot-gekrönter und-bewehrter schwarzer Löwe.)
- Reihe 2:
- Herzogtum Kaschuben/Kassuben (In Gold ein [rot-bewehrter] schwarzer Greif.)
- Herzogtum Stettin (In Blau ein golden-bewehrter und -gekrönter roter Greif.)
- leer, an dieser Stelle das Mittelschild mit dem Wappen des Erbkämmereramts des Heiligen Römischen Reichs. (In Blau ein goldenes Zepter.)
- Herzogtum Pommern (In Silber ein golden-bewehrter roter Greif.)
- Herzogtum Wenden (In Silber ein dreimal [auch fünfmal] rot-grün schräg-gestreifter Greif. Hier schräglinks geteilt.)
- Reihe 3:
- Grafschaft Mark (In Gold ein zu drei Reihen silbern-rot geschachter Balken.)
- Fürstentum Halberstadt (Silbern-rot gespalten.)
- Herzogtum Crossen (In Gold ein gold-bewehrter, rot-gezungter schwarzer Adler, auf der Brust belegt mit einem in der Höhlung mit einem Kreuzchen besteckten, silbernen Halbmond.)
- Fürstentum Stargard in Pommern (In Silber ein dreimal [auch fünfmal] grün-rot schräg-gestreifter Greif.)
- Herzogtum Jägerndorf (In Gold ein schwarzer Adler, auf der Brust belegt mit einem goldenen Hifthorn. Hier im silbernen Feld und mir silbernem Hifthorn.)
- Fürstentum Minden (In Rot zwei schräggekreuzte silberne Schlüssel.)
- Grafschaft Ravensberg (In Silber drei rote Sparren.)
- Reihe 4:
- Grafschaft Hohenzollern (Silbern-schwarz geviert.)
- Herrschaft Wolgast (Geteilt, oben in Rot eine aus der Teilung wachsender silberner Greif, unten blau-golden geschacht.)
- Herrschaft Usedom (In Rot ein silberner Seegreif.)
- Fürstentum Kammin/Camin (In Rot ein silbernes Ankerkreuz.)
- Herrschaft Barth (In Gold ein silbern-geflügelter schwarzer Greif.)
- Grafschaft Gützkow (In Gold zwei schräggekreuzte rote Äste, bewinkelt von je einer roten Rose.)
- Grafschaft Ruppin (In Rot ein golden-bewehrter silberner Adler.)
- Zuunterst:
- Das Regalienfeld als heraldisches Zeichen der obersten landesherrlichen Würde. (Ganz in Rot.)
Erst 1702 änderte Friedich I. als König in Preußen sein Wappen erneut und tauschte dabei das Mittelschild aus dem kurbrandenburgischen Wappen mit dem des Königs in Preußen aus. Die Anzahl der Felder ändern sich erneut, u.a. fallen 1702 die Grafschaft Lingen und 1707 die Grafschaft Tecklenburg an Preußen.
Wappen des Königs in Preußen von 1701
Der königlich-preußische Adler ist das Kleine Wappen Preußens von 1701. Dieser ist in der Lünette des Zitadelleneingangs angebracht. Das Wappen zeigte im silbernen Schild einen gold-bewehrten und gekrönten schwarzen Adler mit goldenen Kleestengeln auf den Flügeln und dem Monogramm „FR“ auf der Brust, im linken Fang einen Reichsapfel und im rechten Fang ein Zepter haltend. Der Adler wurde jedoch auch ohne silbernen Schild verwendet.
Die Zitadelle
Um die mittelalterliche Burg herum wurde zwischen 1559 und 1594, während der Regierungszeiten der beiden hohenzollernschen Kurfürsten von Brandenburg Joachim II. (1505-1571) und Johann Georg (1525-1598), ein Festungsbauwerk angelegt. Begonnen wurde die Arbeiten an der Festungsanlage durch Christoph Römer nach Pläne von Francesco Chiaramella da Gandino, der die Bauarbeiten von 1562 bis 1578 leitete. Sein Nachfolger Rochus Quirinus von Lynar beendete 1583 die Arbeiten. Anschließend wurden noch bis 1594 weitere An- und Ausbauten durchgeführt. Erbaut wurde eine symmetrische Anlage mit den vier Bastionen „König“, „Königin“, „Kronprinz“ und „Brandenburg“. Die Zitadelle ist vollständig von Wasser umgeben.
Rochus Quirinus von Lynar, geboren am 24. Dezember 1525 in Marradi/Toskana, verstarb am 22. Dezember 1596 in Spandau. Sein Lebensweg führte ihn nach Frankreich, Nassau, Sachsen und Anhalt, bevor er 1578 in den kurbrandenburgischen Diensten eintrat. Sein Verdienst um die Zitadelle lag in deren Fertigstellung und u.a. der Erstellung einer Bauordnung, mit deren Hilfe die Disziplin und Effektivität auf der Baustelle erhöht werden konnte. 1580 wurde er durch den Kurfürsten Johann Georg zum Generalmajor und Geheimen Rat ernannt. Nahezu zeitgleich wurden durch ihn die Festung Peitz in der Lausitz und die Festung Wülzburg in Weißenburg/Bayern errichtet. Auch hatte er erheblichen Anteil an der Errichtung der Festung Küstrin sowie den Schlössern Oranienburg und Grunewald. Ebenso trug er wesentlich zum Umbau des Berliner Stadtschlosses bei. Von ihm stammt die in Lübbenau ansässige Familie von Lynar ab.
Das Torhaus aus der Anfangszeit des Festungsbaus wurde im 17. Jahrhundert umgestaltet und mit dem Wappen der Herrscher Brandenburg-Preußens versehen. Seit den napoleonischen Kriegen diente es als Kommandantenwohnung.
Das Palas aus dem 15. Jh. wurde in den Bauplan der Zitadelle integriert. Dadurch blieb in seinem Inneren auch der Gotische Saal erhalten. Er war einer der bevorzugten Repräsentationsräume der Markgrafen von Brandenburg. Der Palas beherbergt heute Veranstaltungsräume, eine kleine Ausstellung und ein Archiv.
Der runde Bergfried aus dem 13. Jh., heute Juliusturm genannt, diente u.a. von 1871 bis 1874 zur Aufbewahrung des Kriegsschatzes des Deutschen Reichs in Höhe von 40 Millionen Talern. Seinen Zinnenkranz erhielt der Turm erst 1838 nach einem Entwurf von Karl Friedrich Schinkel. Heute wird er als Aussichtsplattform genutzt, von dem man eine gut Aussicht über Spandau und das umliegende Havelland hat.
Die Zitadelle Spandau wurde im 19. Jh. Teil der neu geplanten Festung Spandau. Sie sollte die Stadt Spandau und die dort ansässige Rüstungsindustrie schützen. So waren die Königliche Pulverfabrik, das Feuerwerkslaboratorium auf Eiswerder, eine Geschützgießerei, Artilleriewerkstatt, Gewehrfabrik, mehrere Kasernen und eine Zündhütchenfabrik dort ansässig. Die Festung Spandau umfasste neben der Zitadelle die mittelalterliche Stadtmauer sowie weitere Festungsbauten, so auch das Fort Hahneberg, welches erst Ende des 19. Jh. fertiggestellt wurde.
Die Zitadelle diente immer wieder als preußisches Staatsgefängnis. Unter den berühmten Gefangenen waren u.a. der des Hochverrat beschuldigte Turnvater Friedrich Ludwig Jahn, der wegen Veruntreuung verurteilte preußischer Staatsminister Friedrich Christoph von Görne, der wegen Verunglimpfung des englischen Gesandten in Berlin verurteilte Dichter Ludwig Rellstab und Anna Sydow, die als „Weiße Frau“ bekannt gewordene Geliebte des Kurfürsten Joachim II.
Das Gelände bietet zwei Museen, einem Theater, einem Gasthaus, einer Töpferei sowie einer kleinen Hafenanlage Platz. Der große Innenhof wird im Sommer oft für Open-Air-Konzerte genutzt. Die öffentliche Zitadellenführung findet jeden Sonnabend und Sonntag um 14 Uhr statt und bietet Einblick in die Geschichte der Festung. Der Besuch der Zitadelle ist während der Öffnungszeiten (Fr. bis Mi. 10 – 17 Uhr, Do. 13 – 20 Uhr) möglich. Die Eintrittspreise gelten inklusive der Museen, dem Juliusturm und der Ausstellungen.
Quellen:
- „Restaurierung Wappen Zitadelle abgeschlossen“, Pressemitteilung vom 22. April 2021, www.berlin.de, abgerufen 4. Juni 2024
- „Von der Markgrafenburg zur Kulturinsel“, www.zitadelle-berlin.de/festung/geschichte, abgerufen 6. Juni 2024.
- „Festung Spandau, Spandauer Zitadelle“, www.burgenarchiv.de, abgerufen 6. Juni 2024.
- Wikipedia-Artikel „Zitadelle Spandau“, abgerufen 6. Juni 2024.
- Wikipedia-Artikel „Festung Spandau“, abgerufen 6. Juni 2024.
- Wikipedia-Artikel „Friedrich I. (Preußen)“, abgerufen 26. Juli 2024.
- Wikipedia-Artikel „Sophie Charlotte von Hannover“, abgerufen 26. Juli 2024.
- Wikipedia-Artikel „Westfälischer Friede“, abgerufen 26. Juli 2024.
- Lionel von Donop: „Rochus Guerini Graf zu Lynar“, in: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 19, Duncker & Humblot, Leipzig 1884.
- Kloosterhuis, Jürgen (Bearb.) | Brandt-Salloum, Christiane (Bearb.), Klauschenz, Rita (Bearb.), Schwarzbach, Christian (Bearb.): Adlers Fittiche. Wandlungen eines Wappenvogels. Dokumentation einer Präsentation des Geheimen Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz, Duncker & Humblot, Berlin, 2008
- Gerhard Oestreich, „Friedrich I.“ in: Neue Deutsche Biographie 5 (1961), S. 536-540, www.deutsche-biographie.de/pnd118535730.html
- Dr. Otto Titan von Hefner (Hrsg.): Siebmacher’s großes und allgemeines Wappenbuch, Bd. 1 (Souveräne und Landesfürsten), 1. Abt., 1. T.: Die Wappen der deutschen Souveraine und Bundesstaaten, Nürnberg, 1856.
- Gustav Adelbert Seyler (Hrsg.): Siebmacher’s großes und allgemeines Wappenbuch, Bd. 1 (Souveräne und Landesfürsten), 1. Abt., 4. T.: Die Wappen der deutschen Souveraine und Lande, Nürnberg 1921.
- Gustav Adelbert Seyler (Hrsg.): Siebmacher’s großes und allgemeines Wappenbuch, Bd. 1 (Souveräne und Landesfürsten), 1. Abt., 3. T.: Die Wappen der deutschen Souveraine und Lande, Nürnberg, 1916.
- Maximilian Gritzner: Das Brandenburgische Wappen. Geschichtliche Darstellung seiner Entwicklung seit dem Jahre 1315, Druckerei bei Julius Sittenfeld, Berlin 1895
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